GEORG WEISSEL
Wenn dieses Lied erklingt, dann weiß jedes Kind: Jetzt ist es nicht mehr lange bis Weihnachten. Denn „Macht hoch die Tür“ wird vor allem am 4. Adventssonntag gesungen. Sein Text geht zurück auf den 24. Psalm, wo es heißt: „Machet die Tore weit und die Türen in der Welt hoch, dass der König der Welt einziehe!“
Der Dichter des Liedtextes aber, Georg Weissel, gab diesen Worten noch eine andere Bedeutung. Denn er war davon überzeugt, dass vor allem eine Türe nie verschlossen bleiben sollte, und das ist die zu unserem Herzen. Wie er darauf kam, erzählen gleich mehrere Geschichten, die so schön sind, dass es einem eigentlich egal sein kann, ob sich alles wirklich so zugetragen hat oder nicht.
Georg Weissel lebte von 1590 bis 1635. Er wurde in Domnau in Ostpreußen geboren. An der Albertus-Universität in Königsberg studierte er Theologie und Musik, in Königsberg wurde er auch 1623 zum Pfarrer an der kleinen Altroßgärter Kirche ernannt. Eines Tages im Winter lief Weissel durch die Straßen von Königsberg. Ein Schneesturm blies durch die Stadt, und der junge Pfarrer wie auch viele andere Passanten flüchtete sich unter das schützende Vordach des Domportals. Plötzlich öffnete sich das gewaltige Domtor, der Küster trat vor die Tür, sagte: „Willkommen im Haus des Herrn. Hier ist jeder gleich willkommen, ob reich oder arm. Das Tor des Königs aller Könige steht ihm weit offen“ und lud alle Frierenden ins Innere des Gebäudes ein. Weissel aber meinte: „Du hast mir gerade eine gute Predigt gehalten!“ und eilte schleunigst nach Hause. Dort setzte er sich an seinen Tisch und schrieb in Windeseile die Verse von „Macht hoch die Tür“ nieder.
Einige Jahre später, so berichtet eine andere Legende, es war wieder Winter, Weihnachten stand vor der Tür, soll Georg Weissel zusammen mit seinem Kirchenchor und vielen bedürftigen Menschen aus seiner Gemeinde vor dem prächtigen Gartentor des Getreidehändlers Sturgis aufmarschiert sein. Dieser Sturgis störte sich daran, dass es in seiner unmittelbaren Nachbarschaft ein Heim für alte und kranke Leute gab, und weil er mit deren Elend nicht konfrontiert werden wollte, ließ er um seinen riesigen Garten einen hohen Zaun errichten. Vorher konnten die Heimbewohner immer eine Abkürzung über sein Grundstück nehmen, wenn sie in die Stadt oder in die Kirche gehen wollten, nun mussten sie einen weiten Umweg laufen. Um den hartherzigen Händler zu erweichen, stimmten Weissel, der Chor und alle anderen das Lied „Macht hoch die Tür“ an, woraufhin Sturgis tatsächlich nach draußen gelaufen kam, einen riesigen goldenen Schlüssel zückte und die Gartenpforte feierlich aufschloss. Anschließend lud er alle zu einem vorweihnachtlichen Festmahl in sein Haus ein.