Lieder & Extras

8. Macht hoch die Tür

Evangelisches Gesangbuch: Nr. 1, Text: Georg Weissel (1623) 1642, Melodie: Halle 1704

GEORG WEISSEL

Wenn dieses Lied erklingt, dann weiß jedes Kind: Jetzt ist es nicht mehr lange bis Weihnachten. Denn „Macht hoch die Tür“ wird vor allem am 4. Adventssonntag gesungen. Sein Text geht zurück auf den 24. Psalm, wo es heißt: „Machet die Tore weit und die Türen in der Welt hoch, dass der König der Welt einziehe!“

Der Dichter des Liedtextes aber, Georg Weissel, gab diesen Worten noch eine andere Bedeutung. Denn er war davon überzeugt, dass vor allem eine Türe nie verschlossen bleiben sollte, und das ist die zu unserem Herzen. Wie er darauf kam, erzählen gleich mehrere Geschichten, die so schön sind, dass es einem eigentlich egal sein kann, ob sich alles wirklich so zugetragen hat oder nicht.

Georg Weissel lebte von 1590 bis 1635. Er wurde in Domnau in Ostpreußen geboren. An der Albertus-Universität in Königsberg studierte er Theologie und Musik, in Königsberg wurde er auch 1623 zum Pfarrer an der kleinen Altroßgärter Kirche ernannt. Eines Tages im Winter lief Weissel durch die Straßen von Königsberg. Ein Schneesturm blies durch die Stadt, und der junge Pfarrer wie auch viele andere Passanten flüchtete sich unter das schützende Vordach des Domportals. Plötzlich öffnete sich das gewaltige Domtor, der Küster trat vor die Tür, sagte: „Willkommen im Haus des Herrn. Hier ist jeder gleich willkommen, ob reich oder arm. Das Tor des Königs aller Könige steht ihm weit offen“ und lud alle Frierenden ins Innere des Gebäudes ein. Weissel aber meinte: „Du hast mir gerade eine gute Predigt gehalten!“ und eilte schleunigst nach Hause. Dort setzte er sich an seinen Tisch und schrieb in Windeseile die Verse von „Macht hoch die Tür“ nieder.

Einige Jahre später, so berichtet eine andere Legende, es war wieder Winter, Weihnachten stand vor der Tür, soll Georg Weissel zusammen mit seinem Kirchenchor und vielen bedürftigen Menschen aus seiner Gemeinde vor dem prächtigen Gartentor des Getreidehändlers Sturgis aufmarschiert sein. Dieser Sturgis störte sich daran, dass es in seiner unmittelbaren Nachbarschaft ein Heim für alte und kranke Leute gab, und weil er mit deren Elend nicht konfrontiert werden wollte, ließ er um seinen riesigen Garten einen hohen Zaun errichten. Vorher konnten die Heimbewohner immer eine Abkürzung über sein Grundstück nehmen, wenn sie in die Stadt oder in die Kirche gehen wollten, nun mussten sie einen weiten Umweg laufen. Um den hartherzigen Händler zu erweichen, stimmten Weissel, der Chor und alle anderen das Lied „Macht hoch die Tür“ an, woraufhin Sturgis tatsächlich nach draußen gelaufen kam, einen riesigen goldenen Schlüssel zückte und die Gartenpforte feierlich aufschloss. Anschließend lud er alle zu einem vorweihnachtlichen Festmahl in sein Haus ein.

DIE GESCHICHTE ZUM LIED

Braucht ein König eine Krone? // Gunhild Streit

Es gibt Momente im Leben, die ziehen einfach an einem vorbei, ohne dass man verstehen kann, was gerade passiert. So geht es Michi gerade.

Bis vor einigen Minuten war alles noch sonnenklar: Denn Michi ist heute mit seinen Eltern und der großen Schwester Johanna im Gemeinschaftshaus bei der jährlichen Bürgerehrung. Das macht immer Spaß, denn die Musikkapelle spielt, der Volkschor singt, die Trachtengruppe führt ihre lustigen Kostüme vor und zwischendurch kommen Leute nach vorne auf die Bühne, denen der Bürgermeister die Hand schüttelt, weil sie etwas ganz Tolles geschafft haben.

In diesem Jahr wird die Fußballmannschaft geehrt, jubelnd marschieren die Mädchen durch den Saal und halten den gewonnenen Pokal hoch. „Ihr seid unsere Ballköniginnen“, sagt der Bürgermeister und schenkt jeder einen kleinen Fußball aus Schokolade. Als nächstes ist Marco dran, er hat die Schwimmmeisterschaften gewonnen. „Du bist unser Wasserkönig“, lobt ihn der Bürgermeister und überreicht ihm ein Bade-Gummitier. Corinna aus der vierten Klasse hat beim Lesewettbewerb den ersten Preis gemacht. „Du bist die Lesekönigin“, spricht der Bürgermeister. Corinna erhält ein Buch und macht artig einen Knicks. Als letztes geht der schüchterne Joel zur Bühne, der so schön Geige spielen kann. Der Bürgermeister überreicht ihm einen Blumenstrauß und sagt: „Du bist unser Geigenkönig.“ Joel spielt noch einmal das Stück vor, mit dem er beim Musikwettbewerb zu erfolgreich war. Es wird ganz still im Saal, den alle Leute lauschen ganz ergriffen, einige tupfen sich mit Taschentüchern die Tränen aus den Augen.

Zum Schluss klatschen alle, die ersten Stühle ruckeln, weil alle aufstehen und gehen wollen. Da tritt der Bürgermeister noch einmal ans Mikrophon und sagt laut: „Moment! Wir sind noch nicht ganz fertig, denn wir wollen heute Abend noch einen ganz besonderen König ehren.“ Unter allgemeinem Raunen setzen sich die Besucher wieder hin und schauen erwartungsvoll nach vorne. Der Bürgermeister fährt mit seiner Ansage fort: „Ich bitte jetzt Michi Meininger auf die Bühne.“

Wie bitte? Michi schaut sich um. Soweit er weiß, ist er der einzige hier im Dorf, der so heißt. Die Mutter stupst ihn an und bedeutet ihm, aufzustehen. Michi stolpert nach vorne und weiß nicht, wie ihm geschieht.

Auf der Bühne ist es schrecklich heiß. Die Scheinwerfer blenden Michi so, dass er die Augen zukneift. Der Bürgermeister lächelt freundlich und spricht zu ihm: „Lieber Michi. Du bist für uns alle im Dorf ein Vorbild. Denn du hast einem Menschen das Leben gerettet. Du bist unser König der Herzen.“ „Aber“, stottert Michi, „ich habe doch nur Bescheid gesagt, dass es der Frau nicht gut geht“ und erinnert sich daran, wie die fremde Frau draußen an der Straße plötzlich das Gesicht verzog, sich an die Brust griff und zusammenbrach. Da war er zur gegenüberliegenden Bäckerei gelaufen, hatte sich vorgedrängelt und laut gerufen.

Noch einmal schaut der Bürgermeister Michi an: „Wenn alle Menschen so aufmerksam und verantwortungsvoll wie du sind, können wir unser Zusammenleben jeden Tag besser gestalten“, sagt er, „Ich danke dir, Michi, für deinen Einsatz. Du bist ein wahrer König.“ Er schüttelt Michi die Hand und tosender Applaus bricht im Saal aus, der gar nicht mehr enden will.

Dann verlassen die Besucher den Saal und Michi ist froh, dass die Ehrung vorbei ist. Schnell rennt er an den anderen vorbei nach Hause und übersieht sogar den kleinen Zaunkönig, der auf der Gartenpforte sitzt und ihn laut zwitschernd begrüßt.

Gestaltungsidee
Gesten zum Erlernen und Merken der ersten Strophe

• Macht hoch die Tür,
mit den Handflächen etwas nach oben wegstemmen
• die Tor‘ macht weit;
einen imaginären Vorhang nach beiden Seiten wegschieben,dazu Hände von oben kommen lassen
• es kommt der Herr der Herrlichkeit,
majestätisch auf der Stelle schreiten
• ein König aller Königreich
_mit einer Hand Krone auf dem Kopf andeuten und ganz gerade stehen
• ein Heiland aller Welt zugleich,
Weltkugel zeichnen
• der Heil und Leben mit sich bringt;
Hände zur Schale formen (empfangend vor sich halten)
• derhalben jauchzt, mit Freuden singt:
„Tüte“ vor dem Mund formen
• Gelobet sei mein Gott,
Hände nach oben strecken, nach oben schauen